Frau Braun erklärt, die neue Landesregierung habe einen Entwurf für ein neues Finanzausgleichsgesetz vorgelegt. Der erste Entwurf liege seit September vor. Man habe die Auswirkungen auf die amtsangehörigen Gemeinden des Amtes Föhr Amrum betrachtet. Die Kabinettsberatung sei um einige Wochen verschoben worden, so dass gegebenenfalls noch Änderungen eingearbeitet werden könnten. Sie übergibt das Wort an Herrn Minister Breitner.

Herr Breitner stellt zunächst Herrn Nowottny, den Leiter der Projektgruppe, vor und erklärt dann die Beweggründe für die Änderungen und die Vorgehensweise.

Der kommunale Finanzausgleich sei seit 1970 nicht mehr grundlegend reformiert worden. Bis zum heutigen Tage gebe es zum Beispiel eine Zonenrandförderung für Lübeck und den Kreis Lauenburg. Diese sei nach über 20 Jahren deutscher Einheit nicht mehr notwendig.

Der Steueranteil der Kommunen orientiere sich an den Steuereinnahmen des Landes. Dieses habe sich zum Ziel gesetzt, die Mittel gerechter zu verteilen. 17,7% der Steuereinnahmen des Landes würden an die Kommunen weitergeleitet. Die kommunalen Landesverbände seien sich einig, dass der Anteil der Kommunen höher sein müsste. In der Projektgruppe sei man der Ansicht dass dieser Anteil auskömmlich sei, jedoch müssten die Mittel neu verteilt werden. Das Ziel sei eine gerechtere und transparentere Verteilung der vorhandenen Mittel (1,2 Milliarden € in 2013).

Die Aufgaben der Kommunen sollen stärker berücksichtigt werden. Bisher seien die Mittel ausschließlich nach Einwohnerzahlen verteilt worden. Sozialausgaben sollten stärker berücksichtigt werden.

Der gegründete Beirat habe festgestellt, dass bisher die gemeindlichen Aufgaben unterproportional berücksichtigt worden sei.

Es solle weiterhin „3 Töpfe“ geben, nämlich die gemeindlichen Aufgaben, die übergemeindlichen Aufgaben und die Kreisaufgaben. Es sei festgestellt worden, dass die gemeindlichen Aufgaben mit 42% (bisher 40%), die übergemeindlichen Aufgaben mit 13% (bisher 11%) und die Kreisaufgaben mit 44% (bisher 48%) Berücksichtigung finden sollten.

Die Kreise in Nordfriesland seien zu 70% durch Sozialausgaben (Sozialhilfe, Jugendhilfe, Grundsicherung) belastet. Die Grundsicherung falle weg. Dies entlaste die Kreise und kreisfreien Städte in einer Größenordnung von 70 Millionen €. Dafür könne dann selbstverständlich kein Ausgleich mehr seitens des Landes bezahlt werden. Für den Kreis Nordfriesland bedeuteten die Änderungen des Finanzausgleichsgesetzes ein Minus bei den Schlüsselzuweisungen für den Kreishaushalt in Höhe von 8,8 Millionen €, wobei der Wegfall der Grundsicherungslast den Kreis um 5,3 Millionen € entlaste. Für die Gemeinden ergebe sich ein Plus in Höhe von 2,7 Millionen € für deren Haushalte.

Eine Kreisumlagenerhöhung aufgrund der Reform des Finanzausgleichs sei nach Ansicht des Innenministers nicht nötig und möglich.

Bei der Verteilung der Mittel spiele die Steuerkraft eine große Rolle. Aus diesem Grunde erhielten die Amrumer Gemeinden weniger Ausgleichsmittel.

Weiterhin erläutert Innenminister Breitner den geplanten zeitlichen Ablauf. Aufgrund der Vielzahl der Stellungnahmen sei die Beschlussfassung für den zweiten Entwurf im Kabinett auf Februar verschoben worden. Für März sei die erste Lesung im Landtag vorgesehen. Nach der Sommerpause sei dann die zweite Lesung im Landtag angesetzt. Das Gesetz solle zum 01.01.2015 in Kraft treten.

Alle Informationen im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf seien auf der Homepage des Landes zu finden, einschließlich des Gutachtens und der aktuellen Zahlen.

Der Innenminister versichert, dass die Stellungnahmen der Gemeinden ernst genommen würden.

Frau Braun fasst die Ausführungen des Ministers nochmals kurz zusammen. Hinsichtlich der Einbußen für einige Gemeinden bittet Frau Braun darum, nicht zu vergessen, dass es sich bei den Inseln Föhr und Amrum um zwei autarke Inseln handele, die vielfältige Aufgaben zu bewältigen hätten, die zum Beispiel auf dem Festland durch Kooperationen mit Nachbargemeinden günstiger erledigt werden können. Dies sei hier nicht möglich. Weiterhin gebe es auf den Inseln spezielle Aufgaben, die nicht berücksichtigt wurden. Sie bittet um Berücksichtigung dieser Sachverhalte und eine Neuberechnung/Vergleichsberechnung der zu verteilenden Mittel.

Herr Nowottny geführt aus, wie man zur jetzigen Systematik der Verteilung der Mittel gekommen sei. Man habe sich die Finanzausgleichsgesetz für die übrigen Bundesländer, speziell der Flächenländer, angesehen und versucht, die besten Inhalte für den Gesetzentwurf zu verwenden.

Man wolle sich stärker an den kommunalen Aufgaben orientieren. Der Zuschussbedarf aller Aufgaben sei ermittelt worden. Die Gemeinden hätten einen höheren Finanzbedarf, die meisten, nicht alle, bekämen darum mehr Geld. Für die Amrumer Gemeinden ergebe sich leider eine Mehrbelastung.

Es seien nicht die Aufgaben der einzelnen Gemeinden betrachtet worden, um die kommunale Selbstverwaltung nicht einzuschränken. Das Thema der zusätzlichen Lasten für die Tourismusorte sei bereits eingebracht worden. Die kommunalen Landesverbände hätten diesen Sondereinsatz nicht unterstützen wollen.

Die Gutachter hätten für ihre Berechnungen die statistischen Zahlen der Zahlungsflüsse zu Grunde gelegt.

 

Der Landrat Herr Harrsen widerspricht der Aussage des Innenministers. Seiner Meinung nach werde es viele Verlierer geben. Nur die kreisfreien Städte würden zu den Gewinnern gehören.

Es sei wichtig, die Soziallasten stärker zu berücksichtigen. Das Land habe vergessen, zu analysieren, ob die Finanzlasten gerecht verteilt sein. Der Prozentsatz der Zuweisungen müsse erhöht werden.

Das jetzige Vorgehen der Landesregierung lasse im Ansatz den Verdacht der Verfassungswidrigkeit zu. Er lasse nicht zu, dass der Kreis Nordfriesland so schlecht finanziell ausgestattet würde, wie geplant.

 

Der Innenminister erläutert, dass versucht werde, auf Basis des status quo die Mittel neu zu verteilen. Eine Erhöhung der Zuweisungen sei auch in der Diskussion. Weiterhin werde über die Rücknahme des Eingriffs in den kommunalen Finanzausgleich (120 Millionen €) diskutiert. Er glaube, dass noch dieses Jahr Bewegung in die Sache komme.

Die Gemeinden sollten sich bei ihren Abgeordneten dafür stark machen, dass der Eingriff in den kommunalen Finanzausgleich zurückgenommen wird.

Der jetzige Gesetzentwurf sei noch nicht das letzte Wort. Danach folge die Beratung im Parlament und anschließend eine neue Berechnung für die Gemeinden.

 

-       Es wird kritisiert, dass einerseits erklärt werde, dass der gemeindliche Aufwand einen Ausgleich erfahren solle, dann aber die Steuerkraft einer Gemeinde der Parameter für die Zuweisungen sein solle. Wenn die Mittel aufgabenorientiert vergeben werden sollen, müssten die Aufgaben auch analysiert und berücksichtigt werden.

Herr Nowottny erklärt, es sei nicht richtig, den jeweils tatsächlichen Aufwand zu berücksichtigen, da dann möglicherweise die anderen Kommunen zu hoch belastet würden. Der Gesetzgeber definiere die angemessenen Aufgaben, nur diese könnten berücksichtigt werden. Im Übrigen betrachte auch kein Finanzausgleichsgesetz der übrigen Bundesländer die tatsächlich anfallenden Aufgaben.

-       Es wird auf die Problematik der Zuweisungen für die Unterzentren hingewiesen.

-       Weiterhin sei es nicht schlüssig, dass nicht alle Aufgaben berücksichtigt würden. Wenn der Tourismusansatz nicht berücksichtigt werde, werde man den Tourismusorten nicht gerecht. Diese hätten viel in die touristische Infrastruktur zu investieren und brächten durch ihren Einsatz dem Land nicht unerhebliche Steuereinnahmen.
Das System der kommunalen Finanzierung sei extrem komplex. Wenn man nun nur einen Teil anfasse, bestehe die Gefahr, dass das System zusammenbreche.

-       Es wird auf die seit Jahren rückläufigen Übernachtungszahlen und Einnahmen hingewiesen. Für die Gemeinde Norddorf habe es z.B. bereits einen Hinweis aus der Buchhaltung gegeben, dass ein Antrag auf Fehlbedarfszuweisung und ggf. Steuererhöhungen angezeigt seien.

-       Es wird angeregt, die Bilanzen der Gemeinden als Grundlage zur Datenerhebung heran zu ziehen. Dies sei eine transparente, gerechte und verlässliche Grundlage.

-       Es gebe insulare Sonderbelastungen, die berücksichtigt werden müssten.

-       Viele Synergieeffekte, wie sie auf dem Festland existieren, sind auf den Inseln nicht möglich. Ausgaben seien durch die Insellage tlw. nicht beeinflussbar.
So halte eine Kommune auf dem Festland mit 4.500 Einwohnern z.B. kein Wellenbad vor. Hier sei dies jedoch der Fall.

 

Herr Innenminister Breitner erklärt, dass der Bereich Tourismus ggf. ein zusätzlich zu betrachtender Bereich sei. Hier sei das letzte Wort noch nicht gesprochen. Mit der 2. Lesung im Landtag fände dies ggf. Berücksichtigung. Die spezielle Insellage sei bekannt.

Herr Nowottny ergänzt, dass es auch anderswo spezifische Bedürfnisse gebe. All das mache es schwer, mit der Angelegenheit umzugehen.
Die Verwendung der doppischen Jahresabschlüsse als Berechnungsgrundlage sei ein guter Ansatz, derzeit aber noch nicht realisierbar, da noch längst nicht alle Kommunen auf Doppik umgestellt hätten. Vorerst müsse man noch die statistischen Zahlen verwenden.
Für die Unterzentren müsse es zukünftig höhere zentralörtliche Zuweisungen geben. Hier müsse dann eine interkommunale Verrechnung stattfinden.

 

-       Es wird darauf hingewiesen, dass der Landesentwicklungsplan eine Weiterentwicklung von Gewerbe oder Windkraftanlagen auf den Inseln verhindere. Auch hier gingen den Inseln Einnahmemöglichkeiten verloren.

-       Der Aufwand, den die Gemeinden betreiben, sei nicht freiwillig sondern notwendig (z.B. Freiwillige Feuerwehren, Katastrophenschutz, Inselschutz), werde aber bei den Zuweisungen nicht berücksichtigt. Es werde darum gebeten zu prüfen, ob der Aufwand der kreisfreien Städte und der Kreise wirklich so hoch sei wie angenommen.

 

Herr Innenminister Breitner erklärt, der Landesentwicklungsplan werde neu aufgestellt. Hier müsse das zentralörtliche System gestärkt werden.

 

Herr Landrat Harrsen erläutert, der Tourismus sei ein zusätzlicher Aufwand und gegenüber Mecklenburg-Vorpommern sei man in Schleswig-Holstein bereits ins Hintertreffen geraten. Eine Stärkung der Tourismusgemeinden tue dringend Not.

-       In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass Investitionen in die Infrastruktur (Rader Hochbrücke, Ausbau B5, Straßen allgemein) notwendig seien. Die Staus an der Rader Hochbrücke machten sich in den Tourismusorten deutlich bemerkbar. Die Gäste hätten eine Fahrt in den Norden vermieden.

-       Es wird darauf hingewiesen, dass die anstehende Problematik gelöst werden müsse. Auch der Kreis müsse finanziell so ausgestattet werden, dass die Kreisumlage nicht erhöht werden müsse.

 

Herr Innenminister Breitner entgegnet, dass im Land die Kreisumlagen bei durchschnittlich 35 % liegen. Der Kreis Nordfriesland erhebe bereits eine Kreisumlage in Höhe von 37 %. Er halte eine Kreisumlagenerhöhung daher für nicht notwendig. Es sei auch künftig mehr Transparenz durch mehr Darlegungspflichten für eine Kreisumlagenerhöhung notwendig.

Er macht klar, dass die Vorschläge aus den Reihen des Amtsausschusses bei ihm angekommen seien und man versuche, diese zu berücksichtigen. Er komme gerne wieder und danke für die Gastfreundschaft.

 

Frau Braun beendet die Sitzung um 12.45 Uhr.