Beschluss:
Die Landesregierung wird aufgefordert:
1. Die betroffenen Kommunen und Kreise bereits vor der Erteilung von bergrechtlichen Genehmigungen zu beteiligen.
2. Die Wasserbehörde anzuweisen, den wasserrechtlichen Besorgnisgrundsatz uneingeschränkt zu beachten. Der Wasserschutz muss höchste Priorität behalten.
3. Die Möglichkeiten des Abfallrechtes und des Bodenschutzes bei bergrechtlichen Genehmigungen vollumfänglich auszuschöpfen, um Umweltgefährdungen zu vermeiden.
4. Für entstehende Schäden als Auflage eine Beweislastumkehr vorzusehen. Daher sind vor der Betriebsplangenehmigung alle gefährdeten Gebäude, Trinkwasser-, Abwasser und Regenwasserleitungen sowie sonstige gefährdete Bauwerke in ihrem derzeitigen Zustand zu dokumentieren. Nach seismischen Ereignissen gilt das gleiche für nicht einsehbare Bauwerke. Die Kosten trägt der Antragsteller/Rechteinhaber.
5. Bei zukünftigen bergrechtlichen Genehmigungen eine ausreichende Sicherheitsleistung von den Antragstellern zu fordern (§ 56 Abs. 2 BBergG). Als ausreichend wird z.B. eine Bankgarantie oder Versicherung angesehen, die sowohl mögliche Schäden an der Infrastruktur, wegfallende Steuereinnahmen und Gebühren sowie die Wiederherstellung beschädigter Gebäude, Gewässer und Landschaften vollständig ersetzen kann.
6. Für alle Antragsteller bergrechtlicher Genehmigungsverfahren eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durchführen zu lassen und solchen Antragstellern jedwede Genehmigung zu verweigern oder zu entziehen, die weder über ausreichendes Eigenkapital verfügen, um etwaige Schäden beseitigen zu können, noch eine ausreichende Sicherheitsleistung erbracht haben.
7. Fracking in jeder Form so lange zu verbieten, bis ein wissenschaftlicher und technischer Stand erreicht ist, der Gefahren durch diese Technik sicher ausschließen kann.
8. Antragstellern jedwede Genehmigung zu verweigern oder wieder zu entziehen, die in den letzten drei Jahren für Unfälle bei Tiefenbohrungen, undichte Bohrlöcher, auslaufendes Flow-back oder Formationswasser verantwortlich sind. Hier ist die notwendige Zuverlässigkeit und Fachkunde offensichtlich nicht gegeben (§ 11 Abs. 6 BBergG).
9. Für jede Bergbautätigkeit in Schleswig-Holstein über den gesamten Zeitraum und eine angemessene Nachbeobachtungszeit eine umfassende, unabhängige, wissenschaftliche Überwachung anzuordnen (§ 66 Abs. 5 BBergG).
10. Keine Genehmigungen für das Verpressen von Flow-back und Formationswasser in den Untergrund zu erteilen. Bereits erteilte Genehmigungen sind, soweit zulässig, zu widerrufen. Keinesfalls dürfen derartige Genehmigungen verlängert oder erweitert werden.
11. Die Gemeinde Süderende nimmt die Landesregierung für alle Schäden im Zusammenhang mit bergrechtlichen Genehmigungen in Haftung, wenn die Gemeinde nicht im vollen Umfang nach Recht und Gesetz im Vorwege beteiligt wurde oder Genehmigungen unter Verstoß gegen geltendes Recht erteilt wurden.
12. Die zuständigen Behörden für bergrechtliche Zuständigkeiten rechtlich einwandfrei festzulegen. Nachdem das MELUR auch für Bergrecht zuständig ist, soll das LLUR zuständiges Bergamt werden, um eine Überwachung der Bergbautätigkeiten in Schleswig-Holstein zu ermöglichen. Hierfür ist es entsprechend auszustatten.
13. Auf Bundesebene darauf hinzuwirken, dass das Wasser- und Bergrecht aufeinander abgestimmt werden und das Bergrecht modernisiert wird. Der Bürgermeister der Gemeinde Süderende wird ermächtigt, diese Interessen der Gemeinde Süderende gegenüber der Landesregierung zu vertreten.
Bürgermeister
Roeloffs berichtet anhand der Vorlage.
Sachdarstellung mit Begründung:
In Schleswig-Holstein werden derzeit für
Gesteinsformationen unterhalb großer Teile der Landesfläche
Aufsuchungserlaubnisse und -bewilligungen erteilt. Zahlreiche Genehmigungen
stehen derzeit noch aus und es ist nicht bekannt, welche Kreise und Gemeinden
betroffen sein werden.
Obwohl vom Gesetzgeber ausdrücklich
gefordert, wurden die Gemeinden bisher nicht, die Kreise nur unzureichend
beteiligt. Durch den Druck der Bürgerinitiativen und die ersten
Verabschiedungen der Beschlussvorlage durch Gemeinden und Wasserverbände sah
sich Minister Habeck am 01.10.2013 veranlasst, auch die Gemeinden in Zukunft zu
beteiligen. Die Auswirkungen dieser Beteiligungen hängen jedoch entscheidend
davon ab, ob die Gemeinden und Kreise ihre Rechte auch nachdrücklich
einfordern. Deshalb sollten möglichst viele Städte, Gemeinden und Kreise
diese Beschlussvorlage verabschieden, um kommunale Rechte zu sichern, unser
Grundwasser zu schützen und Fracking zu verhindern.
Die Bürgerinitiative „Kein CO2-Enlager“ hat
daher den folgenden Text zur Beschlussfassung in den Städten und Gemeinden über
den Kreis Nordfriesland weitergeleitet:
In Schleswig-Holstein sind für mindestens
20% der Landesfläche Erlaubnisse und Bewilligungen zur Aufsuchung bzw.
Förderung von Kohlenwasserstoffen beantragt und teilweise erteilt worden,
weitere könnten folgen. Diese bergrechtlichen Genehmigungen erfolgten ohne
Beteiligung der betroffenen Kommunen, obwohl die Gemeinden zu den Behörden
gehören, zu deren Aufgaben die Wahrnehmung öffentlicher Interessen im Sinne des
§ 11 Nr. 10 BBergG gehört und denen deshalb gemäß § 15 BBergG vor der
Entscheidung über die Verleihung einer Bergbauberechtigung Gelegenheit zur
Stellungnahme zu geben ist (BVerwG, 15.10.1998, 4 B 94/98). Dies gilt
insbesondere dann, wenn das Ergebnis der Sachentscheidung dem materiellen Recht
nicht entspricht, insbesondere, wenn wesentliche Teile des Gemeindegebiets
einer durchsetzbaren eigenen Planung entzogen oder gemeindliche Einrichtungen
erheblich beeinträchtigt werden (vgl. BverwG, Urteile vom 16.12.1988 – BverwG 4
C 40.86 – BverwGE 81, 95 (BverwG 16.12.1988 – 4 C 40/86), vom 15.12.1989 –
BverwG 4 C 36.86 – BverwGE 84, 209 und vom 27.03.1992 – BverwG 7 C 18.91 –
BverwGE 90, 96). Hierbei genießt die gemeindliche Planungshoheit den Schutz des
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG. Für die Notwendigkeit der Beteiligung der Gemeinden
gelten die Vorschriften des VwVfG. § 54 Abs. 2 BBergG regelt speziell eine
Beteiligungspflicht der Gemeinden, wenn deren Aufgabenbereich berührt ist. Die
Beteiligungsschwelle ist sehr niedrig anzusetzen, und es steht der Bergbehörde
nicht zu, eine Bewertung der Betroffenheit der Gemeinden vorzunehmen. Die
Gesamtheit der betroffenen Gemeinden eines beantragten Gebiets (es reichen ca.
80% nach geltender Rechtslage), kann sich dabei zu einer Interessengemeinschaft
zusammenschließen und muss angehört werden.
Im Kreis Plön erfolgten vom November 2009
bis März 2010 seismische Untersuchungen der Fa. RWE Dea AG, für die ohne
Beteiligung der betroffenen Kommunen ein Betriebsplanverfahren erfolgte.
Die Erlaubnisverfahren bzw. die Erteilung
der Erlaubnisse haben über § 12 Abs. 2 BbergG eine zumindest indirekte
Bindungswirkung für bergrechtliche Bewilligungen. Die Bewilligung darf danach
u.a. nur dann versagt werden, wenn die Tatsachen, die die Versagung
rechtfertigen, erst nach der Erteilung der Erlaubnis eingetreten ist. Es dürfen
somit keine Tatsachenmehr berücksichtigt (oder von den ggf. erst bei der Bewilligung
beteiligten Gemeinden vorgebrachten) werden, die in ihren Konturen bei der
Entscheidung über die Erlaubnis bereits erkennbar waren oder bei entsprechender
Nachforschung hätten erkennbar sein müssen (siehe hierzu Boldt/Weller zu §12
BbergG Rz. 9). Eine erteilte Erlaubnis unter liegt dem Schutz des Art. 14 GG.
Deshalb wäre eine Anhörung erst nach Erlaubniserteilung für Einwendungen der
Gemeinden in der Regel obsolet.
Die in Schlewig-Holstein erteilten
Erlaubnisse und Genehmigungen erfolgten nach derzeitigem Kenntnisstand
rechtswidrig. Es widerspricht den Zielen des BBergG, eine Erlaubnis zu
erteilen, wenn wesentliche Teile des vom Antragsteller zu vertretenden
Arbeitsprogramms nicht zulassungsfähig sind und dadurch die Aufsuchung nicht
begonnen, nicht fortgesetzt oder nicht beendet werden kann. Somit bestand ein
zwingender Versagensgrund des § 11 Nr. 3 BBergG. Zu den konträr zum
Bergbauvorhaben stehenden öffentlichen Interessen gehören laut BverwG,
15.10.1998, Az.: 4 B 94/98 beispielsweise die Erfordernisse:
- des
Naturschutzes und der Landschaftspflege,
- der Raumordnung
und
- des
Gewässerschutzes.
Durch die in Schleswig-Holstein geplanten
Aufsuchungen und Förderungen von Kohlenwasserstoffen,
auch in dem nur durch Fracking
erschließbaren Posidonienschiefer und von Sandsteinschichten mit geringer
Durchlässigkeit, sind durchgängig erhebliche negative Einwirkungen auf Belange
des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu erwarten. Ein sicherer
störungsfreier Betrieb derartiger Anlagen ist derzeit nicht möglich, wie die
zahlreichen Schadensereignisse im Zusammenhang mit der
Kohlenwasserstoffförderung in den USA, aber auch in Deutschland zeigen. Bei
Anwendung der Fracking-Technik wäre zudem ein engmaschiges Netz an
Bohrstationen nötig, die zu mehreren Anlagen je Quadratkilometer mit jeweils
ca. einem Hektar asphaltierter/betonierter Fläche nebst Zufahrten notwendig
machen würde. Dies würde einen unzulässigen Eingriff in die Belange des
Naturschutzes und der Landschaftspflege bedeuten und führt zwangsläufig zu einem
Versagensgrund.
Für die bei einer Förderung von
Kohlenwasserstoffen großen anfallenden Mengen an Formationswasser, das stark
radioaktiv ist – Radium-226 u.a. - und große Mengen an Quecksilber sowie Benzol
u.a. enthält, gibt es bis heute keine wirtschaftliche Möglichkeit der
Wiederaufbereitung. Da eine Verpressung von derart großen Mengen an
Formationswasser nicht zugelassen werden darf, wäre von vorne herein
ersichtlich, dass eine ordnungsgemäße, wirtschaftliche Förderung nicht möglich
ist. Auch das ist ein zwingender Versagensgrund. Derzeit erfolgt für die
gesamte Landesfläche Schleswig-Holsteins ein Raumordnungsverfahren. Vor
Abschluss dieses Verfahrens sind bergrechtliche Erlaubnisse und Bewilligungen
nicht zulässig, da sie die geplante Raumordnung einschränken können. Für den
für die Aufsuchung und Förderung von Kohlenwasserstoffen notwendige Lkw-Verkehr
sind insbesondere auch die Kommunen planungsberechtigt, so dass deren
Planungshoheit betroffen ist, ohne berücksichtigt worden zu sein.
Bei seismischen Untersuchungen, Fracking und
der Gasförderung werden mit hoher Wahrscheinlichkeit Erdbeben erzeugt, die im
Norden Niedersachsens bereits die Stärke von 4,5 auf der Richterskala erreicht
haben und auch noch in rund 100 km Entfernung Gebäudeschäden verursacht haben.
Weder die Wasserversorgungsleitungen, Abwasser- und Regenwasserkanäle,
historische Bausubstanz noch die Deichanlagen sind für Erdbeben der Stärke 4,5
auf der Richterskala ausgelegt. Da sich mehrere derartige Bauwerke
flächendeckend in kurzer Entfernung zu allen Erlaubnis- und Bewilligungsfeldern
Schleswig-Holsteins befinden, stehen in jedem beantragten Feld für die gesamte
Fläche überwiegende öffentliche Interessen einer Erlaubnis entgegen.
§ 12 WHG regelt die materiellen
Zulassungsvoraussetzungen für die Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis.
Nach Abs. 1 ist die Erlaubnis zwingend zu versagen, wenn schädliche Gewässer
Veränderungen zu erwarten sind. Die Behörde hat in diesem Fall kein Ermessen.
Gefordert ist eine vorsichtige Prognose. Wenn nach menschlicher Erfahrung und
nach dem Stand der Technik nicht von der Hand zu weisen ist, dass es zu einem
Schadenseintritt kommen könnte, muss die wasserrechtliche Erlaubnis versagt
werden. Das gilt auch für die unechte Gewässerbenutzung nach § 9 Abs. 2 Nr. 2
WHG. Für die wasserrechtliche Bewertung von Vorhaben jeglicher Art gilt der
Amts Ermittlungsgrundsatz, der eine Behördenbeteiligung nahe legt. Zu den zu
beteiligenden Behörden gehören auch die Kommunen, da zumindest die Möglichkeit
der Berührung ihrer Planungshoheit gegeben ist. In Schleswig-Holstein beziehen
die meisten Kommunen ihr Wasser aus eigenen Wasserwerken, die meist innerhalb
oder am Rand der Gemeinden liegen. Hinzu kommen zahlreiche Brunnenanlagen für
Privathaushalte, Gewerbe und Landwirtschaft. Hier gilt der wasserrechtliche
Besorgnisgrundsatz uneingeschränkt, und zwar nicht nur im wasserrechtlichen
Erlaubnisverfahren, sondern auch im bergrechtlichen
Betriebsplanzulassungsverfahren.
Die Wasserbehörde muss nach Form und Inhalt
uneingeschränkt mit der von der Bergbehörde in Aussicht genommenen Entscheidung
einverstanden sein, was voraussetzt, dass ihr die Unterlagen so vollständig
vorliegen müssen, dass ihr eine ordnungsgemäße eigene Prüfung möglich ist.
Alle derzeit vorliegenden Gutachten in
Deutschland fordern ein Fracking-Moratorium für die kommerzielle Erdöl- und
Erdgasgewinnung, bis grundlegende Sicherheitsbedenken ausgeräumt wurden.
Abstimmungsergebnis: einstimmig