Die Stadtvertretung beschließt, dass die Stadt Wyk auf Föhr Gründungsmitglied oder aber auch Mitglied der vom Amt Föhr-Amrum noch zu gründenden Wohnungsbaugenossenschaft wird. Als Genossenschaftsanteil wird ein noch näher zu bezeichnendes Grundstück eingebracht.
Herr Hess berichtet anhand der Vorlage.
Sachdarstellung mit Begründung:
Der Amtsausschuss hat in seiner Sitzung am 20.06.2019 die Gründung einer Wohnungsbaugenossenschaft beschlossen.
Grundsätzlich besteht ein öffentliches Interesse, preisgünstigen und bezahlbaren Wohnraum im Sinne der kommunalen Daseinsvorsorge zu schaffen. Angesichts der allgemeinen Rahmenbedingungen und Dringlichkeit der Nachfrage ist es erforderlich, dass die Kommunen neben der Unterstützung privater Gesellschaften auch selbst aktiv werden. Als treibende Kraft zur Bewältigung der Herausforderungen zur Sicherheit einer ausreichenden Wohnraumversorgung kann sich die Kommune daher nicht nur auf Partner verlassen, sondern muss selbst aktiv werden und Impulse setzen. Siehe hierzu auch: Gutachten GEWOS 2017 „Modellhaftes Wohnungsmarktkonzept in Verbindung mit einem Konzept zur energetischen Quartierssanierung auf den Inseln Föhr und Amrum“ Seite 135 f. .
B. Grundlagen eines möglichen
Genossenschaftsmodells
Auf Föhr besteht ein Bedarf zur Einrichtung
eines zusätzlichen Instruments zur aktiven und nachhaltigen Entwicklung von
kommunalen Immobilienprojekten. Genossenschaften bilden seit jeher eine
Gesellschaftsform für wohnungspolitische Zwecke.
Die Satzung der Genossenschaft kann dabei so
ausgestaltet werden, dass keine Gewinnerzielungsabsicht bei Durchführung des
Unternehmens verfolgt wird.
Genossenschaften können objektbezogen
gegründet werden, also etwa für ein einzelnes Immobilienprojekt. Solche
objektbezogenen Genossenschaften können Teil einer übergeordneten
Holdingstruktur sein.
Für die Gründung einer Genossenschaft bedarf
es nach § 4 Genossenschaftsgesetz (GenG) mind. dreier Gründungsmitglieder.
Denkbar ist auch die direkte Mitgliedschaft durch die Kommunen als Körperschaft.
In einem späteren Schritt können die Nutzer der Genossenschaftsleistungen,
vorbehaltlich ihrer Eignung und einer Auswahl, ebenfalls Mitglieder der
Genossenschaft werden.
Die Satzung einer Genossenschaft lässt sich
so ausgestalten, dass die darin enthaltenen kommunalen bzw. öffentlichen
Anteile zu vorab festgelegen Zeitpunkten zurückgewandelt werden. Eine
wohnungsbezogene Genossenschaft kann zudem so ausgestaltet werden, dass es den
Mitgliedern/Nutzern der genossenschaftlichen Wohnungen möglich ist, von dem
Erfolg der Genossenschaft zu profitieren und somit bei einer eventuellen
Umwandlung Eigentümer zu werden.
C. Finanzierungsmodell
Die Kapitalfähigkeit der Genossenschaft kann
durch einen Aktivtausch von kommunalen Grundstücken gegen Genossenschaftsanteile,
durch die Optimierung von Baurecht und/oder durch die Realisierung von
Erschließungsgewinnen verwirklicht werden. In Zusammenarbeit mit überregional
tätigen oder lokalen Kreditinstituten wird dann die passende Finanzierungsform
ausgewählt.
D. Innenverfassung und
Organstruktur
Eine Genossenschaft muss drei Organe
aufweisen. Einen Vorstand, einen Aufsichtsrat und die Generalversammlung der
Mitglieder der Genossenschaft.
Der Vorstand besteht aus mind. zwei Personen
und wird von der Generalversammlung auf Zeit (z.B. für fünf Jahre) gewählt. Der
Vorstand leitet die Genossenschaft in eigener Verantwortung. Außerdem vertritt
der Vorstand die Genossenschaft gerichtlich und außergerichtlich.
Der Aufsichtsrat besteht aus mind. drei
Personen und wird ebenfalls auf Zeit von der Generalversammlung gewählt. Dem
Aufsichtsrat obliegt die Kontrolle des Vorstands.
Die Generalversammlung ist die Vertretung
der Mitglieder der Genossenschaft. Sie trifft grundlegende Entscheidungen, etwa
Änderungen der Satzung der Genossenschaft. Eine Besonderheit des
Genossenschaftsrechts ist hierbei das Kopfstimmrecht in der Generalversammlung
(vgl. § 43 III 1 GenG). Dies bedeutet, dass jedes Mitglied der Genossenschaft,
unabhängig von der Anzahl der von diesem Mitglied gehaltenen Genossenschaftsanteile,
nur eine einzige Stimme hat.
Neben der gerade dargestellten Organstruktur
ermöglicht das GenG für kleine Genossenschaften mit nicht mehr als 20
Mitliedern, die Errichtung einer schmalen Struktur. Hierbei kann auf den
Aufsichtsrat verzichtet werden und/oder es kann nur ein einziges
Vorstandsmitglied geben, vgl. §§ 99 I S. 2, 24 II S. 3 GenG. Entscheiden sich
die Gründungsmitglieder der Genossenschaft für eine solche schmale
Organstruktur, so muss in der Satzung eine Regelung dafür getroffen werden,
dass bei einem Anstieg der Mitgliederzahl auf 21 Mitglieder oder mehr umgehend
eine Sonderversammlung der Mitglieder einberufen wird, auf welcher eine
Satzungsänderung beschlossen werden muss, um die Organstruktur der
Genossenschaft auf die eigentlich gesetzliche vorgesehene Struktur anzupassen.
E. Gründungsschritte und
Gründungskosten
Die Gründung einer Genossenschaft vollzieht
sich in fünf Schritten. Zunächst muss eine Satzung für die Genossenschaft
erstellt werden. In einem zweiten Schritt wird von den Gründungsmitgliedern der
Genossenschaft eine Gründungsversammlung abgehalten, auf welcher die Satzung
angenommen und die Errichtung der Genossenschaft beschlossen wird. Außerdem
werden auf der Gründungsversammlung erstmals die Mitglieder des Vorstandes und
des Aufsichtsrates gewählt. Es folgt als dritter Schritt der Antrag zur
Aufnahme in einen genossenschaftlichen Prüfungsverband. Die Mitgliedschaft in
einem solchen Verband ist gesetzlich vorgeschrieben (§ 54 GenG). Dieser Verband
erstellt in einem vierten Schritt ein Gründungsgutachten für die
Genossenschaft, in dem insb. die Satzung einer Prüfung unterzogen wird. Kommt
das Gutachten des Prüfungsverbandes zu einem positiven Ergebnis, erfolgt die
Eintragung in das Genossenschaftsregister bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk
die Genossenschaft ihren Sitz hat. Nur hier muss ein Notar hinzugezogen werden.
Die Gesamtdauer der beschriebenen Gründungsschritte beträgt etwa sechs Monate.
Nach der Realisierung der
Immobilienprojekte, können die Gründungsmitglieder die Satzung der
Genossenschaft in der Form ändern, dass auch die Aufnahmen geeigneter Nutzer
der Genossenschaftsimmobilien möglich werden. Hierzu können besondere
Regelungen in der Satzung implementiert werden, die es erlauben, die potenziellen
Mitglieder nach festgelegten Kriterien auszuwählen.
Die Kosten der Genossenschaftsgründung sind
gering, da eine Genossenschaft, anders als etwa eine GmbH, kein Mindestkapital
aufzuweisen braucht. Kosten bei der Gründung einer Genossenschaft fallen insb.
für die Prüfung durch den Prüfungsverband an. Die Kosten werden von den
Verbänden regelmäßig mit 500 bis 2.000 Euro angegeben. Hinzu kommen noch die
Kosten für die elektronische Registeranmeldung einschl. der nötigen
Unterschriftenbeglaubigungen, die durch den Notar erfolgen.
F. Risiken im Fall einer
etwaigen Insolvenz der Genossenschaft
Die Risiken für die Mitglieder der
Genossenschaft im Falle einer etwaigen Insolvenz sind begrenzt. Nach § 2 GenG
haftet den Gläubigern für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft nur das
Vermögen der Genossenschaft. Eine Nachschusspflicht der Mitglieder im Falle der
Insolvenz kann in der Genossenschaftssatzung ausgeschlossen werden.
G: Der Ablauf der Gründung einer Genossenschaft stellt sich wie folgt
dar:
Die Stadt Wyk auf Föhr könnte Gründungsmitglied oder auch
Mitglied der Wohnungsbaugenossenschaft werden und sich so an der Weiterentwicklung des
Wohnungsmarktes auf der Insel aktiv beteiligen. Als Genossenschaftsanteil könnte ein Grundstück eingebracht werden.
Abstimmungsergebnis: einstimmig