Sitzung: 27.07.2021 Gemeindevertretung
Beschluss: ungeändert beschlossen
Abstimmung: Ja: 6, Nein: 0, Enthaltungen: 0, Befangen: 1
Vorlage: Witt/000122/1
Da Bürgermeister
Müller befangen ist, übernimmt der 2. stellv. Bürgermeister, Christian Klüssendorf,
für diesen TOP den Vorsitz.
Sachdarstellung mit Begründung:
Die Gemeindevertretung hat in ihrer Sitzung am 26.08.2008 beschlossen, eine Neufassung des Bebauungsplanes Nr. 3 „Ortslage Mitte - West“ aufzustellen, da der Ursprungsplan zwecks Anpassung an veränderte planerische Zielsetzungen bis dahin mehrfach geändert wurde und deshalb nur noch schwer lesbar war. Als Planungsziele für die Neufassung des Bebauungsplanes wurden
- die Sicherung des Bestandes sowie einer geordneten Entwicklung unter Anpassung an zwischenzeitliche Veränderungen,
- die Sicherung der Fremdenverkehrssituation sowie der Wohnfunktion für die einheimische Bevölkerung,
- die Anpassung der Maße der Nutzung auf bisher gering ausgenutzten Grundstücken an zeitgemäße Wohnungsgrößen und insbesondere
- die Entwicklung von Dauerwohnungen
benannt.
Die frühzeitigen Beteiligungsverfahren gemäß § 4 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 BauGB wurden bereits Anfang 2010 und am 20.05.2014 durchgeführt. Aufgrund der damals noch nicht abschließend geklärten Rechtslage bzgl. der Einordnung von vermieteten Ferienwohnungen und Dauerwohnungen in ein Baugebiet gemäß Baunutzungsverordnung wurde das Verfahren zur Neufassung zurückgestellt und noch eine 6. Änderung des Ursprungsbebauungsplanes durchgeführt, um zeitnah die Voraussetzungen für die Nutzung des gemeindlichen Grundstücks nördlich der Mittelstraße - dessen frühere Nutzung als Verwaltungsgebäude im südlichen Teilbereich bereits entfallen war sowie dessen Aufgabe als Veranstaltungshalle und Bauhof im nördlichen Teilbereich einschließlich Beseitigung der baulichen Anlagen unmittelbar bevorstand - für Dauerwohnungen entsprechend dem gemeindlichen und insularen Bedarf zu schaffen.
Die Gemeindevertretung hat in ihrer Sitzung am 16.06.2020 den vorgelegten Entwurf zur Neufassung des Bebauungsplanes gebilligt und den Amtsdirektor des Amtes Föhr-Amrum beauftragt, die Verfahren zur öffentlichen Auslegung gemäß § 3 Abs.2 BauGB sowie zur Beteiligung der betroffenen Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 Abs. 2 BauGB durchzuführen. Die öffentliche Auslegung sowie das förmliche Beteiligungsverfahren wurden seitens des Amtes zurückgestellt, da infolge einer Normenkontrollklage zu einem Bebauungsplan auf der Insel Sylt nicht auszuschließen war, dass den im Entwurf zur Neufassung des Bebauungsplanes Nr. 3 getroffenen Festsetzungen bzgl. der Sondergebiete für Dauerwohnungen und Touristenbeherbergung sowie der Wohnungsgrößen bzw. der Anteile für Dauerwohnungen rechtliche Bedenken entgegenstehen könnten.
Zwischenzeitlich liegt das ergangene Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Schleswig (OVG) sowie eine juristische Beurteilung durch einen vom Kreis Nordfriesland beauftragten Rechtsbeistand dazu vor. Aus diesem kann entnommen werden, dass den Planungszielen der Gemeinde - bei geringfügigen Veränderungen bzw. Ergänzungen im Wortlaut der textlichen Festsetzungen (Text - Teil B) und der Begründung - keine erkennbaren rechtlichen Belange entgegenstehen. Die formelle Bestätigung durch ein Urteil des OVG zu einer weiteren anhängigen Normenkontrollklage steht zwar noch aus - seitens des Kreises Nordfriesland wurde aber bestätigt, dass einer Fortführung der anstehenden Beteiligungsverfahren für diesen Bebauungsplan soweit nichts Wesentliches entgegengehalten werden kann.
Auch wenn die nunmehr zur Verbesserung der Rechtssicherheit vorgenommenen Ergänzungen und Klarstellungen die im Entwurf vom 16.06.2020 getroffenen Festsetzungen im Wesentlichen nicht verändern, wird es für die Fortführung eines ordnungsgemäßen Planaufstellungsverfahrens für erforderlich gehalten, dazu entsprechende Beschlüsse zu fassen.
Weiterhin haben zwei Grundstückseigentümer Anregungen zu einzelnen - im Entwurf vom 16.06.2020 getroffenen - Festsetzungen vorgetragen. Diese Anregungen können bei der erneuten Beschlussfassung zu den vorgenannten Anpassungen bzw. Veränderungen des Entwurfes gleich mit beraten werden, um die Bürger kurzfristig über die Entscheidung der Gemeinde dazu in Kenntnis setzen zu können.
Beschlussempfehlung:
a) Befassung mit den Änderungen und
Ergänzungen des Entwurfes und der Begründung
1.
Für das bei der Ermittlung der
festgesetzten Netto-Raumflächen heranzuziehende andere Regelwerk (das im Amt Föhr-Amrum
zur Einsicht bereitzuhalten ist) wird zur eindeutigen Festlegung der geltenden
Fassung (statische Verweisung) in den Abschnitten „1.4.“ und „1.5.“ des Textes
die Bezeichnung „DIN 277-1:2016-01“ eingefügt; die Begründung wird entsprechend
ergänzt.
2.
Der für Dauerwohnungen bisher
verwandte Zusatz „1. Wohnsitz“ wird durch die Formulierung „Eine dauerwohnliche
Nutzung liegt vor, wenn mindestens einer der Bewohner der Wohnung dort
zulässigerweise seinen Hauptwohnsitz i. S. v. § 21 Abs.2 i. V. m. § 22 Bundesmeldegesetz
begründet hat“ ersetzt. Die Begründung wird entsprechend umformuliert und
außerdem darauf hingewiesen, dass dies der Kontrolle durch die
Bauordnungsbehörde unterliegt.
3.
Die im Abschnitt „1.4.
Sondergebiete für Dauerwohnen“ des Textes bisher getroffene Aussage, dass
„mind. 67 % der zulässigen Bruttogeschossfläche für Dauerwohnen zu nutzen sind“
wird dahingehend klargestellt, dass - unverändert - zwar ein Anteil von 33 % an
der auf dem jeweiligen Grundstück zulässigen Bruttogeschossfläche (BGF) durch
Wohnungen für Touristenbeherbergung genutzt werden kann, sich daraus im
Umkehrschluss aber nicht zwangsläufig ein Anteil von 67 % für Dauerwohnungen
ergibt, da in diesem Prozentanteil als Ausnahme auch Flächen von zulässigen
Anlagen für soziale und gesundheitliche Zwecke eingerichtet werden können.
Zugleich wird der Zulässigkeitsanteil von 75 % für Restflächen auf die
Nettoraumflächen (NRF) umgestellt. Wortlaut nunmehr: „Bleiben bei der Aufteilung der für das
jeweilige Grundstück zulässigen BGF in den Höchstanteil an Wohnungen für
Touristenbeherbergung sowie die Flächen von zulässigen Anlagen für soziale und
gesundheitliche Zwecke für den verbleibenden Anteil an Dauerwohnungen
Restflächen übrig, so ist die Bildung einer weiteren Wohnung erst dann zulässig,
wenn diese Restfläche 75 % von 70 qm NRF übersteigt. Vergleichbares gilt bei
dem zulässigen Anteil von Wohnungen für Touristenbeherbergung, wenn die
verbleibende Restfläche 75 % von 35 qm NRF übersteigt.“ Die Aussagen in der
Begründung werden entsprechend angepasst.
Vorschlag
zur Beschlussfassung:
Der
Entwurf der Neufassung des Bebauungsplanes Nr. 3 ist gemäß Nr. 1 bis 3 in Teil
a) der Beschlussempfehlung zu ändern bzw. zu ergänzen.
b) Befassung mit zwischenzeitlich zum Entwurf
vom 16.06.2020 vorgetragenen Anregun-
gen
1.)
Ein Eigentümer, dem drei Flurstücke östlich der Straße Achtern Strand gehören,
bittet darum,
-
alle drei Flurstücke als
„Sondergebiet für Dauerwohnen“ auszuweisen und dies auch für das südlich
angrenzende Flurstück 170/3 zu übernehmen,
-
für das Flurstück 170/4 auch ein
Baufenster auszuweisen sowie
-
auf den Flurstücken 170/2 und
169/2, für die das bisher zulässige Maß der Nutzung (ein Vollgeschoss mit einer
GRZ von 0,18 und einer GFZ von 0,30) im Entwurf vom 16.06.2021 schon erheblich
angehoben worden ist (um Anreize für die Schaffung von mehreren dringend
benötigten Dauerwohnungen für den insularen Bedarf an dieser Stelle zu geben -
jetzt zwei Vollgeschosse mit einer GRZ von 0,30 und einer GFZ von 0,70) eine
noch wesentlich höhere Ausnutzung (wie auf dem Grundstück Mittelstraße 34a bis
c - drei Vollgeschosse mit einer GRZ von 0,40 und einer GFZ von 1,00)
zuzulassen.
2.)
Frage eines Vertreters der Kirchengemeinde Nebel, weshalb die GFZ
(Geschossflächenzahl) für das Kirchengrundstück im Vergleich zu den
Nachbargrundstücken deutlich niedriger festgesetzt wurde und ob der Bau des
seinerzeit vorgestellten Wohnprojektes noch möglich ist.
Vorschlag
zur Beschlussfassung:
zu
1.) Der Bitte, die drei in gleichem Privateigentum stehenden Flurstücke 170/4,
170/2 und 169/2 dem gleichen Baugebiet, nämlich „Sondergebiet für Dauerwohnen“
zuzuordnen, wird gefolgt. Das südlich angrenzende Flurstück befindet sich nicht
im Eigentum des Einwenders und wird nicht durch Dauerwohnungen genutzt; die
Zuweisung zu einem „Sondergebiet für Dauerwohnen und Touristenbeherbergung“
entspricht dem dortigen Bestand und wird beibehalten. Das Flurstück 170/4 ist
wegen seiner geringen Breite von ca. 8,0 m unter Einhaltung der erforderlichen
seitlichen Grenzabstände nicht selbständig bebaubar. Es kann weiterhin als Teil
der Freifläche auf dem in Aussicht genommenen Grundstück „10“ oder durch
Nebenanlagen / Anlagen für den privaten ruhenden Verkehr o. ä. für dieses
Grundstück genutzt werden. Die bisher zum großen Teil als Dauerwohnung genutzte
Bausubstanz auf den Flurstücken des Einwenders ist nach eigenen Angaben als
abgängig anzusehen. Hier wird durch die Planung der Gemeinde nunmehr die
Möglichkeit eröffnet - unter Anhebung der zulässigen Ausnutzung um ein weiteres
Vollgeschoss sowie Erhöhung der Geschossfläche gegenüber der bisherigen
Zulässigkeit um mehr als 133 % - ein Gebäude mit einem Volumen zu erstellen,
das sich noch in die Bebauung beiderseits der Straße Achtern Strand einfügt und
neben Dauerwohnungen auch zu einem Drittel für die Touristenbeherbergung
genutzt werden kann. Es ist wohl unstrittig, dass dies gegenüber der derzeit
rechtswirksamen Planfassung eine erhebliche Besserstellung bedeutet. Der Wunsch
nach einer noch weitergehenden Anhebung der Ausnutzbarkeit um ein weiteres
Vollgeschoss sowie die Erhöhung der Geschossfläche auf mehr als das Dreifache
der bisherigen Zulässigkeit ist nicht nur unangemessen, sondern fügt sich - im
Gegensatz zur Bebauung auf dem Grundstück Mittelstraße 34a bis c mit Bezug zu
den dreigeschossigen Gebäuden entlang der Strandstraße - auch nicht in die
angrenzende Bebauung ein.
zu
2.) Das für die verbleibende Fläche für den Gemeinbedarf - Kirchen und
kirchlichen Zwecken dienende Einrichtungen - festgesetzte Maß der Nutzung (GRZ
= GFZ = 0,30) entspricht dem Bestand und bezieht sich nur auf den nördlichen
Teil des Flurstücks 173/2. Für den südlichen Teil des bisherigen Kirchengrundstücks
(bezeichnet als in Aussicht genommenes Grundstück „15“), das einer Wohnbebauung
zugeführt werden soll, gilt als Festsetzung eine max. zweigeschossige Bebauung
in einem Sondergebiet für Dauerwohnen mit einer Grundflächenzahl (GRZ) von 0,25
und einer Geschossflächenzahl (GFZ) von 0,60. Das entspricht sowohl den
Festsetzungen für die westlich angrenzenden Grundstücke als auch dem seinerzeit
abgestimmten Konzept für das dort in Aussicht genommene Bauvorhaben.
c) Erneuter Entwurfs- und
Auslegungsbeschluss
1.
Der Entwurf der Neufassung des
Bebauungsplanes Nr. 3 „Ortslage Mitte - West“, bestehend aus der Planzeichnung
(Teil A) und dem Text (Teil B), sowie der Entwurf der Begründung dazu werden in
der vorliegenden, gegenüber dem Entwurf vom 16.06.2020 in Einzelpunkten
veränderten bzw. konkretisierten Fassung, gebilligt.
Das
Gebiet des Bebauungsplanes liegt etwa in der Mitte der bebauten Ortslage von
Wittdün zwischen den Straßen Strandstraße und Achtern Strand sowie zwischen der
nördlichen und der Unteren Wandelbahn und wird begrenzt
-
im Norden - durch die nördlichen
Grenzen des Grundstücks Inselstraße Nr. 44 und der nördlichen Wandelbahn,
-
im Osten - durch die östlichen
Grenzen des Grundstücks Inselstraße Nr. 30, der Strandstraße sowie des
Grundstücks Obere Wandelbahn Nr. 15,
-
im Süden - durch die südliche
Grenze der Unteren Wandelbahn,
-
im Westen - durch die östliche
Grenze des Übergangs zum Strand in südlicher Verlängerung der Straße Achtern
Strand, die östliche Grenze der Straße Achtern Strand sowie die westliche Grenze
des Grundstücks Inselstraße Nr. 44.
2.
Der Amtsdirektor des Amtes Föhr-Amrum
wird beauftragt, den Entwurf des Planes und die Begründung nach § 3 Abs. 2
BauGB öffentlich auszulegen und die von den Änderungen und Ergänzungen
berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 2
i. V. m. § 4 a Abs. 3 Satz 4 BauGB zu beteiligen und gemäß § 3 Abs.2 BauGB über
die Auslegung zu benachrichtigen. Zusätzlich sind der Inhalt der Bekanntmachung
der öffentlichen Auslegung und die nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB auszulegenden
Unterlagen ins Internet einzustellen und über den Digitalen Atlas Nord des
Landes Schleswig-Holstein zugänglich zu machen.
3.
In der Bekanntmachung der
öffentlichen Auslegung sowie im Anschreiben an die Behörden und sonstigen Träger
öffentlicher Belange ist darauf hinzuweisen, dass die Neufassung des
Bebauungsplanes im beschleunigten Verfahren gemäß 13 a BauGB aufgestellt und
von der Durchführung einer Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB, von dem
Umweltbericht nach § 2 a BauGB sowie von der zusammenfassenden Erklärung nach §
10 Abs. 4 BauGB abgesehen wird und § 4 a BauGB nicht anzuwenden ist.
c. Der Amtsdirektor des Amtes Föhr-Amrum wird
weiterhin beauftragt, die Abstimmung mit den
benachbarten
Gemeinden gemäß § 2 Abs. 2 BauGB durchzuführen.
Abstimmungsergebnis:
Gesetzliche Anzahl der Vertreterinnen/ Vertreter: |
11 |
davon anwesend: |
6 |
Ja-Stimmen: |
6 |
Nein-Stimmen: |
0 |
Stimmenenthaltungen: |
0 |
Bemerkung:
Aufgrund des § 22
Gemeindeordnung war folgender Gemeindevertreter von der Beratung und Abstimmung
ausgeschlossen; er war weder bei der Beratung noch bei der Abstimmung anwesend:
Bürgermeister Heiko Müller.