Sachdarstellung mit Begründung:
Für das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (kurz: FFH-Gebiet) DE-1315-391 „Küsten- und Dünenlandschaft Amrums“ wird ein naturschutzfachlicher Managementplan entwickelt. Dieses Gebiet wird vom Vogelschutzgebiet DE-0916-491 „Ramsar-Gebiet Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und angrenzende Küstengebiete“ überlagert. Beide Schutzgebiete bilden zusammen das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000.
Für die auf Amrum ausgewiesene Kulisse und den zu erarbeitenden Managementplan stellte der Werkvertragnehmer Rainer Borcherding am 6. September 2022 in Wittdün die naturschutzfachlich relevante Vegetation und die zu betrachtenden Vogelarten sowie mögliche Maßnahmen zu ihrer Erhaltung vor. Jetzt ist der schriftliche Entwurf des Managementplans fertig und das Landesamt für Umwelt des Landes Schleswig-Holstein bittet um Stellungnahmen.
Beschluss:
Die Gemeindevertretung beschließt, eine Stellungnahme zum vorliegenden Entwurf des Managementplans für das FFH-Gebiet „Küsten- und Dünenlandschaft Amrums“ mit folgendem Inhalt abzugeben:
Zu 6.2.16 Erhaltung der natürlichen Kantenerosion
Der Küstenabbruch am Geestkern der
Insel (LRT 1230), derzeit das Steenodder Kliff und eine niedrigere Abbruchkante
nördlich Nebel, ist als natürlicher Prozess zuzulassen, da Kliffs ein
geschützter FFH-Lebensraumtyp sind. Der Wanderweg ist wie auch in der
Vergangenheit bei Bedarf landeinwärts zu verschieben, wobei die Kliffkanten im
Sinne des Naturerlebnisses und der Umweltbildung möglichst einsehbar bleiben
sollen. (Auszug FFH-Managementplan S. 81)
Die Gemeinde Nebel hat bereits
in den letzten 10Jahren zweimal den Wanderweg am Kliff in Richtung Westen auf
eigene Kosten zurückverlegt. Damit wurde bisher der natürliche Prozess der
Kantenerosion ermöglicht. Um den Wanderweg hier erhalten zu können, wurden der
Gemeinde Nebel bereits Acker- und Grünländer aus der Landwirtschaft von den
Flächeneigentümern zur Verfügung gestellt.
Grundsätzlich ist das Kliff
als Lebensraumtyp zu erhalten, jedoch kann dem unbegrenzten Zulassen des
natürlichen Küstenabbruchs und damit den einhergehenden Flächenverlusten nicht
zugestimmt werden. Die Maßnahme zum Erhalt der natürlichen Kantenerosion ist
somit auf die Grenzen des FFH-Schutzgebietes, wie sie in der Karte 3.2.
dargestellt ist, zu begrenzen. Einer Verlegung des Wanderweges über das
Schutzgebiet hinaus in südwestlicher Richtung wird nicht zugestimmt. Um in
Zukunft ein weiteres Abbrechen über die Grenzen des Gebietes hinaus zu
verhindern, werden Küstenschutzmaßnahmen, die den Prozess vermindern,
gefordert.
Eine Beteiligung an den
entstehenden Kosten für die Maßnahme, die Verlegung der Wege sowie der
Küstenschutzmaßnahme, erbittet die Gemeinde von den beteiligten Behörden.
ZU 6.3.3. Strandvogelinseln als Brutplatzangebot
Zur Konfliktvermeidung zwischen
Strandbrütern und menschlichen Nutzungen kann es sinnvoll sein, an geeigneten
Orten, beispielsweise an wenig genutzten Strandabschnitten, Schutzzonen
einzurichten, die komplett störungsfrei gehalten werden und damit für die Vögel
besonders attraktiv sind. Erfahrungen mit „Strandinseln“ auf Sylt,
„Strandvogelinseln“ in St. Peter-Ording und Robbenruheplätzen auf Helgoland
zeigen, dass Sand- und Seeregenpfeifer sowie Zwerg- und auch Küstenseeschwalben
sich durchaus gezielt in störungsfreien Schutzzonen ansiedeln. Diese
„Strandvogelinseln“ müssen ab Anfang April vor Beginn der Reviersuche der
Strandvögel zur Verfügung stehen. Bis Mitte Juni sind Ansiedlungen durch Vögel
möglich, die an anderen Orten Gelegeverluste erlitten haben. Da die Strandbrüter
sehr mobil sind, können Strandvogelinseln an verschiedenen Orten getetstet
werden. Sie können jahrweise sehr unterschiedlichen Erfolg haben.
(Auszug FFH-Managementplan S. 82)
Der Maßnahme wird von der
Gemeinde Nebel unter der Bedingung zugestimmt, dass die Anlage von
Strandvogelinseln in Absprache mit Flächeneigentümern und Kommunen erfolgt. Des
Weiteren darf die Durchgängigkeit des Strandes für Erholungssuchende nicht
durch die Strandinseln eingeschränkt werden, wie auch in Maßnahme 6.3.4. beschrieben.
6.3.14 Entwicklung artenreichen Grünlandes
Intensiv landwirtschaftlich genutzte
Grünlandflächen im FFH-Gebiet und in hydrologisch direkt damit
zusammenhängenden Bereichen außerhalb des FFH-Gebietes sollten in extensive
Weide- und/oder Mahdnutzung überführt werden. Dabei sollte die
botanische und zoologische Artenvielfalt einschließlich der Wiesenbrüter
gezielt entwickelt werden. Der Wasserhaushalt soll im Sinne dieser
Erhaltungsziele optimiert, also in Anbetracht häufiger Trockensommer auf drainierten
Niederungsflächen angehoben werden. Auch die Nährstoffsituation ist zu
berücksichtigen und schädigende Nährstoffeinträge sollten minimiert werden. Im
unmittelbaren Umfeld des FFH-Gebietes sollte die Umwandlung von Acker in
Grünland angestrebt werden. (Auszug FFH-Managementplan S. 86)
Die Ausweitung der Maßnahmen
außerhalb der Grenzen des FFH-Gebietes wird aus Sicht der Gemeinde Nebel nicht
zugestimmt. Des Weiteren muss die Umsetzung der Maßnahmen im Einverständnis des
Flächeneigentümers und der Kommunen erfolgen.
6.3.19 keine flächenhafte Photovoltaik
Die nach Vogelschutzrichtlinie geschützten
Gänse benötigen Äsungsflächen auf Grünland innerhalb des FFH-Gebietes sowie
auch auf angrenzenden Nutzflächen. Seitens der Gemeinden sollte dafür Sorge
getragen werden, dass die relevanten Nahrungsflächen auch in einer Entfernung
von bis zu 500 Metern von den Schutzgebietsgrenzen nicht durch flächige
Baumaßnahmen (beispielsweise Solarpanels) entwertet werden.
Die gesamte Insel Amrum ist laut
Landesentwicklungsplan (LEP) von 2021 als Vorbehaltsraum für Natur und Landschaft
ausgewiesen und zugleich – zuzüglich eines seeseitigen Wasserstreifens vor dem
Kniepsand mit Ausnahme der Odde – ein Schwerpunktraum für Tourismus und
Erholung. Raumbedeutsame Solar-Freiflächenanlagen sollten nicht in
Vorbehaltsgebieten für Natur und Landschaft errichtet werden. Bei der
Projektierung solcher Vorhaben ist vorab eine Verträglichkeitsprüfung mit den
Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes durch die UNB erforderlich. (Auszug
FFH-Managementplan S. 87)
Aktuell und in Zukunft werden
Maßnahmen zur Klimaanpassung und klimaneutralen Energiegewinnung auch in der
Gemeinde Nebel erforderlich werden. Daher soll die Erschließung von bereits
versiegelten Flächen im Außenbereich u.a. für die Nutzung regenerativer
Energien, wie Photovoltaik, weiterhin möglich sein. Des Weiteren sollen Flächen
außerhalb, jedoch im näheren Umfeld des FFH-Gebietes (auch unter 500m), für
entsprechende Nutzungen noch zu Verfügung stehen.
Abstimmungsergebnis:-einstimmig-