Betreff
Gründung einer Wohnungsbaugenossenschaft
Vorlage
Amt/000322
Art
Beschlussvorlage Amt

Beschlussempfehlung:

 

Das Amt Föhr/Amrum koordiniert die Gründung einer Wohnungsbaugenossenschaft „Wohnen mit Zukunft – Neues Wohnen auf Föhr eG“.

Die

  1. Kontaktaufnahme mit dem „VNW Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V,/Gründungsprüfer“
  2. Erarbeitung eines Gründungskonzeptes
  3. Ermittlung von möglichen Genossenschaftsmitgliedern
  4. Benennung von kommunalen baureifen Grundstücken

ist zu veranlassen.

 

 

A. Ausgangslage

In Ergänzung zur Vorlage Nr. Amt/000318 „Prüfung und Konzipierung einer kommunaleigenen Organisation zur Daseinsvorsorge im Bereich der Energiewirtschaft und Klimaschutz und / oder der Wohnungswirtschaft und Bedarfsdeckung“ gilt es jetzt, die Organisation einer Wohnungsbaugenossenschaft voranzutreiben.

 

Grundsätzlich besteht ein öffentliches Interesse, preisgünstigen und bezahlbaren Wohnraum im Sinne der kommunalen Daseinsvorsorge zu schaffen. Angesichts der allgemeinen Rahmenbedingungen und Dringlichkeit der Nachfrage ist es erforderlich, dass die Kommunen neben der Unterstützung privater Gesellschaften auch selbst aktiv werden. Als treibende Kraft zur Bewältigung der Herausforderungen zur Sicherheit einer ausreichenden Wohnraumversorgung kann sich die Kommune daher nicht nur auf Partner verlassen, sondern muss selbst aktiv werden und Impulse setzen. Siehe hierzu auch: Gutachten GEWOS  2017 „Modellhaftes Wohnungsmarktkonzept in Verbindung mit einem Konzept zur energetischen Quartierssanierung auf den Inseln Föhr und Amrum“ Seite 135 f. .

 

B. Grundlagen eines möglichen Genossenschaftsmodells

Auf Föhr besteht ein Bedarf zur Einrichtung eines zusätzlichen Instruments zur aktiven und nachhaltigen Entwicklung von kommunalen Immobilienprojekten. Genossenschaften bilden seit jeher eine Gesellschaftsform für wohnungspolitische Zwecke.

 

Die Satzung der Genossenschaft kann dabei so ausgestaltet werden, dass keine Gewinnerzielungsabsicht bei Durchführung des Unternehmens verfolgt wird.

 

Genossenschaften können objektbezogen gegründet werden, also etwa für ein einzelnes Immobilienprojekt. Solche objektbezogenen Genossenschaften können Teil einer übergeordneten Holdingstruktur sein.

 

Für die Gründung einer Genossenschaft bedarf es nach § 4 Genossenschaftsgesetz (GenG) mind. dreier Gründungsmitglieder. Denkbar ist auch die direkte Mitgliedschaft durch die Kommunen als Körperschaft. In einem späteren Schritt können die Nutzer der Genossenschaftsleistungen, vorbehaltlich ihrer Eignung und einer Auswahl, ebenfalls Mitglieder der Genossenschaft werden.

 

Die Satzung einer Genossenschaft lässt sich so ausgestalten, dass die darin enthaltenen kommunalen bzw. öffentlichen Anteile zu vorab festgelegen Zeitpunkten zurückgewandelt werden. Eine wohnungsbezogene Genossenschaft kann zudem so ausgestaltet werden, dass es den Mitgliedern/Nutzern der genossenschaftlichen Wohnungen möglich ist, von dem Erfolg der Genossenschaft zu profitieren und somit bei einer eventuellen Umwandlung Eigentümer zu werden.

 

C. Finanzierungsmodell

Die Kapitalfähigkeit der Genossenschaft kann durch einen Aktivtausch von kommunalen Grundstücken gegen Genossenschaftsanteile, durch die Optimierung von Baurecht und/oder durch die Realisierung von Erschließungsgewinnen verwirklicht werden. In Zusammenarbeit mit überregional tätigen oder lokalen Kreditinstituten wird dann die passende Finanzierungsform ausgewählt.

 

D. Innenverfassung und Organstruktur

Eine Genossenschaft muss drei Organe aufweisen. Einen Vorstand, einen Aufsichtsrat und die Generalversammlung der Mitglieder der Genossenschaft.

Der Vorstand besteht aus mind. zwei Personen und wird von der Generalversammlung auf Zeit (z.B. für fünf Jahre) gewählt. Der Vorstand leitet die Genossenschaft in eigener Verantwortung. Außerdem vertritt der Vorstand die Genossenschaft gerichtlich und außergerichtlich.

Der Aufsichtsrat besteht aus mind. drei Personen und wird ebenfalls auf Zeit von der Generalversammlung gewählt. Dem Aufsichtsrat obliegt die Kontrolle des Vorstands.

Die Generalversammlung ist die Vertretung der Mitglieder der Genossenschaft. Sie trifft grundlegende Entscheidungen, etwa Änderungen der Satzung der Genossenschaft. Eine Besonderheit des Genossenschaftsrechts ist hierbei das Kopfstimmrecht in der Generalversammlung (vgl. § 43 III 1 GenG). Dies bedeutet, dass jedes Mitglied der Genossenschaft, unabhängig von der Anzahl der von diesem Mitglied gehaltenen Genossenschaftsanteile, nur eine einzige Stimme hat.

 

Neben der gerade dargestellten Organstruktur ermöglicht das GenG für kleine Genossenschaften mit nicht mehr als 20 Mitliedern, die Errichtung einer schmalen Struktur. Hierbei kann auf den Aufsichtsrat verzichtet werden und/oder es kann nur ein einziges Vorstandsmitglied geben, vgl. §§ 99 I S. 2, 24 II S. 3 GenG. Entscheiden sich die Gründungsmitglieder der Genossenschaft für eine solche schmale Organstruktur, so muss in der Satzung eine Regelung dafür getroffen werden, dass bei einem Anstieg der Mitgliederzahl auf 21 Mitglieder oder mehr umgehend eine Sonderversammlung der Mitglieder einberufen wird, auf welcher eine Satzungsänderung beschlossen werden muss, um die Organstruktur der Genossenschaft auf die eigentlich gesetzliche vorgesehene Struktur anzupassen.

 

E. Gründungsschritte und Gründungskosten

Die Gründung einer Genossenschaft vollzieht sich in fünf Schritten. Zunächst muss eine Satzung für die Genossenschaft erstellt werden. In einem zweiten Schritt wird von den Gründungsmitgliedern der Genossenschaft eine Gründungsversammlung abgehalten, auf welcher die Satzung angenommen und die Errichtung der Genossenschaft beschlossen wird. Außerdem werden auf der Gründungsversammlung erstmals die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates gewählt. Es folgt als dritter Schritt der Antrag zur Aufnahme in einen genossenschaftlichen Prüfungsverband. Die Mitgliedschaft in einem solchen Verband ist gesetzlich vorgeschrieben (§ 54 GenG). Dieser Verband erstellt in einem vierten Schritt ein Gründungsgutachten für die Genossenschaft, in dem insb. die Satzung einer Prüfung unterzogen wird. Kommt das Gutachten des Prüfungsverbandes zu einem positiven Ergebnis, erfolgt die Eintragung in das Genossenschaftsregister bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk die Genossenschaft ihren Sitz hat. Nur hier muss ein Notar hinzugezogen werden. Die Gesamtdauer der beschriebenen Gründungsschritte beträgt etwa sechs Monate.

Nach der Realisierung der Immobilienprojekte, können die Gründungsmitglieder die Satzung der Genossenschaft in der Form ändern, dass auch die Aufnahmen geeigneter Nutzer der Genossenschaftsimmobilien möglich werden. Hierzu können besondere Regelungen in der Satzung implementiert werden, die es erlauben, die potenziellen Mitglieder nach festgelegten Kriterien auszuwählen.

Die Kosten der Genossenschaftsgründung sind gering, da eine Genossenschaft, anders als etwa eine GmbH, kein Mindestkapital aufzuweisen braucht. Kosten bei der Gründung einer Genossenschaft fallen insb. für die Prüfung durch den Prüfungsverband an. Die Kosten werden von den Verbänden regelmäßig mit 500 bis 2.000 Euro angegeben. Hinzu kommen noch die Kosten für die elektronische Registeranmeldung einschl. der nötigen Unterschriftenbeglaubigungen, die durch den Notar erfolgen.

 

F. Risiken im Fall einer etwaigen Insolvenz der Genossenschaft

Die Risiken für die Mitglieder der Genossenschaft im Falle einer etwaigen Insolvenz sind begrenzt. Nach § 2 GenG haftet den Gläubigern für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft nur das Vermögen der Genossenschaft. Eine Nachschusspflicht der Mitglieder im Falle der Insolvenz kann in der Genossenschaftssatzung ausgeschlossen werden.

 

 

 

 

 

 

G: Der Ablauf der Gründung einer Genossenschaft stellt sich wie folgt dar: