Beschlussempfehlung:
a) Das Verkehrs- und
Mobilitätskonzept wird grundsätzlich zustimmend zur Kenntnis genommen und die
Handlungsempfehlungen werden bei der weiteren Bearbeitung künftig
berücksichtigt.
b) Aufbauend auf dem unter Punkt (a)
genannten Konzept wird die Erarbeitung eines Radverkehrskonzepts ausgeschrieben
und in Auftrag gegeben, um eine baldige, den heutigen Standards entsprechende
und durch Förderprogramme gestützte Sanierung und Erweiterung der
Radverkehrsinfrastruktur auf Föhr zu ermöglichen.
c) Föhr wird als zukunftsfähiger und
nachhaltiger Lebensraum und Urlaubsort erhalten. Künftige Investitionen in die
Verkehrsinfrastruktur orientieren sich daher an nationalen und europäischen
Klima- und Nachhaltigkeitszielen und priorisieren deshalb die Verkehrsmittel
des Umweltverbundes, um eine nachhaltige, verkehrsmittelübergreifende Mobilität
gegenüber dem MIV zu stärken.
d) Beide unter Punkt (a) und (b)
genannten Konzepte sowie das auf Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit
ausgerichtete Mobilitätsverständnis auf der Insel Föhr sollen, sobald die
Pandemiebedingungen es zulassen, im Zuge einer Öffentlichkeitsveranstaltung den
Einwohnerinnen und Einwohnern vorgestellt werden.
Sachdarstellung mit Begründung:
Für eine zukunftsweisende und verantwortungsbewusste Mobilität auf Föhr
Mobilität ist ein Grundbedürfnis der Menschen, eine gesellschaftliche
und wirtschaftliche Notwendigkeit und eine unverzichtbare Grundlage, auch für den
Tourismus. Eine auf den motorisierten Individualverkehr (MIV) konzentrierte
Mobilität, die sich daraus ergebene PKW-zentrierte Infrastruktur und der sich
daraus ergebene Verkehr ist jedoch, grade für eine Insel wie Föhr inmitten des
Nationalparks und Weltnaturerbes Wattenmeer, unter Berücksichtigung der damit
verbundenen, vielfältigen negativen Auswirkungen künftig nicht mehr zeitgemäß.
Für die langfristige Sicherung Föhrs, als attraktiver Lebensraum und
Urlaubsort, ist die Schaffung von zukunftsfähigen, d.h. anderen, besseren und
bewussteren Mobilitätsangeboten erforderlich.
Nachhaltige Mobilität stellt die Fortbewegung aller Interessensgruppen
sicher und minimiert gleichzeitig den ökologischen Fußabdruck, hält also die
negativen Auswirkungen auf die Umwelt so gering wie möglich.
Nachhaltige Mobilität ist ökologisch verträglich (ressourcenschonend,
emissionsarm, regenerativ), sozial gerecht, inklusiv (barrierefrei zugänglich,
verfügbar, erschwinglich) und ökonomisch sinnvoll (kostendeckend, auf Dauer ausgelegt).
Konkret bedeutet das, im Zuge einer Verkehrswende eine maximale
Verlagerung auf nachhaltige Verkehrs- und Fortbewegungsmittel des
Umweltverbundes wie z.B. den ÖPNV, On-Demand-Dienste, den Rad- und Fußverkehr,
Car-Sharing/Mitfahrgelegenheiten und Fahrzeuge mit alternativen bzw.
klimaneutralen Antriebssystemen anzustreben.
Es muss das Ziel sein, ein Basisangebot an nachhaltigeren
Mobilitätsformen und Infrastrukturen zu schaffen und anzubieten. Politik und
Verwaltung gestalten die Rahmenbedingungen, damit es allen leichter fällt, das
ökologisch nachhaltig Richtige zu tun. Nur so kann sich eine zukunftsfähige
Mobilitätsroutine ausbilden. Es werden Strukturen benötigt, die die
klimafreundliche Fortbewegung vor Ort erleichtern. Es muss attraktiver werden,
dass eigene Auto stehen zu lassen und das Fahrrad oder den Bus zu nehmen.
Insulaner, wie auch Gäste, werden die Möglichkeit haben, die Insel ohne
Einschränkungen im Hinblick auf Komfort und Erschwinglichkeit nachhaltig zu
erfahren.
Ein zielorientiertes Mobilitätsmanagement gewinnt in der integrierten
Verkehrsentwicklungsplanung zunehmend an Bedeutung. Eine nachhaltige
Verkehrsentwicklung beinhaltet neben dem traditionellen Infrastrukturausbau und
verkehrslenkenden Maßnahmen auch nachfragebeeinflussende Maßnahmen des
Mobilitätsmanagements. Maßnahmen, die das Verkehrsverhalten hin zum
Mobilitätsverbund beeinflussen, können einen signifikanten Beitrag zur
Verkehrsentlastung und zur Eingrenzung von Emissionen leisten.
Der Tourismus, als maßgeblicher Verkehrserzeuger auf der Insel Föhr,
erfährt gegenwärtig, wie auch zukünftig, aufgrund zunehmender
Übernachtungszahlen und Gebietsentwicklungen einen Aufschwung. Diese
Entwicklung führt besonders in der touristischen Hochsaison während der
Sommermonate zu einer Erhöhung des Verkehrsaufkommens auf der Insel. Im
Gegensatz hierzu steht eine vergleichsweise geringe Verkehrsbelastung außerhalb
der stark touristisch geprägten Sommermonate. Die verkehrsinfrastrukturellen
Rahmenbedingungen sind entsprechend mit einer stark schwankenden
Verkehrsnachfrage konfrontiert, die es konfliktarm und möglichst leistungsfähig
abzuwickeln gilt.
Eine nachhaltige
Verkehrsentwicklung im Sinne der, unter anderem Seitens der Politik
anvisierten, Mobilitätswende ist dabei nicht ausschließlich als Beitrag zum
Klimaschutz zu verstehen, sondern im Besonderen auch zur zentralen Steigerung
der Lebensqualität und der Zukunftssicherung auf der Insel Föhr.
Weiteres Vorgehen: Gemeinsam
mehr erreichen!
Für die zukünftige Ausrichtung
des Mobilitätssektors ist ein ganzheitlicher Ansatz entscheidend, der
ökologische, ökonomische und soziale Faktoren gleichermaßen berücksichtigt.
Schon 2019 wurde von den Gemeindevertretern im Zweckverband Tourismus Föhr im
Rahmen des Tourismuskonzepts der Insel beschlossen, im Bereich nachhaltige
Mobilität neue Wege zu gehen und die Radinfrastruktur inselweit zu verbessern.
Daran anknüpfend und in
Anlehnung an das kürzlich von der Stadt Wyk in Auftrag gegebene Verkehrs-
und Mobilitätskonzept Insel Föhr und den darin gesetzten Impulsen sollte
nun vor dem Hintergrund sehr guter Fördermöglichkeiten durch die Bundes- und
Landesregierung (z.B. über das Sonderprogramm „Stadt & Land“) das
Radwegenetz auf Föhr umfassend sowohl für den Alltags- als auch für den
touristischen Radverkehr ausgebaut werden.
Ein sicheres, weil modernes,
und attraktives, weil direktes, Radwegenetz ist der Grundstein auf dem Weg vom
MIV hin zu nachhaltigeren Mobilitätsformen wie dem (Alltags-) Radverkehr.
Rastplätze, innerörtliche,
intermodale Mobilitätspunkte, z.B. in Form von modernen und überdachten
Radabstellanlagen, mit Reparatursäulen und in unmittelbarer Nähe von
ÖPNV-Haltestellen, ggf. mit Lademöglichkeiten für E-Bikes, klarer
innerörtlicher und außerörtlicher Wegweisung, auch von touristischen
Themenrouten, regelmäßige Hinweisschilder mit eindeutigen Standortinformationen
für Notrufe (vgl. Informationstafeln in den Deichabschnitten) – all das könnten
und sollten auch auf Föhr Teile einer modernen und attraktiven Radinfrastruktur
sein, die regelmäßig und ganzjährig in Stand gehalten wird, damit die Nutzer,
Insulaner wie Gäste sicher Rad fahren und mit Freude ihr Auto stehen bzw. zu
Hause lassen können.
Über die potenziellen
Förderprogramme sind Förderquoten von bis zu 80% (bei Antragstellung bis 31.12.2021 für das Beispiel „Stadt &
Land“) der förderfähigen Ausgaben
erzielbar. Die oben skizzierte Vision und die sich daraus ergebende umfassende
Sanierung bzw. der Ausbau des insularen Radverkehrsnetzes als ein Baustein der
angestrebten Mobilitätswende kann und sollte daher zeitnah umgesetzt werden.
Ein solches Vorhaben steht
zudem im Einklang mit den Zielen des Kreises Nordfriesland, der sein ursprünglich
geplantes Radwegekonzept in ein umfangreiches Radverkehrskonzept
umgewandelt hat und dieses in Auftrag geben möchte. Gegebenenfalls lassen sich
hier Synergien schaffen.
Bei der
Realisierung ist eine effektive und schlüssige Bündelung der Maßnahmen von
großer Bedeutung, um die Chancen einer Förderung zu erhöhen, eine einheitliche
Qualität zu gewährleisten und die Kosten sowie Umsetzungszeiträume zu
optimieren.
Insbesondere
wenn es um die Planung und Umsetzung der Maßnahmen geht, ist eine einheitliche
strukturierte Vorgehensweise sinnvoll, um Kosten und Zeit für die
Planungsleistungen (Auftragsausschreibung etc.) und die Ausführung einzusparen.
Bei der Bereitstellung der Geräte ebenso wie der Beschaffung des Materials
(Lieferkosten) können die Firmen, bei entsprechend längeren Einsatzdauern bzw.
größeren Materialmengen, optimierte Preise und Zeiträume kalkulieren und
anbieten. Aufgrund der Insellage wird dieser allgemeine Vorteil deutlich
verstärkt.
Anhand der Kosten für die
Baustelleneinrichtung lässt sich dies beispielsweise verdeutlichen.
Die Baustelleneinrichtung
beinhalten die erforderlichen Geräte, Werkzeuge und sonstigen Betriebsmittel
für die vertragsgemäße Durchführung der Bauleistungen.
Für die Herstellung eines Weges
auf Föhr, mit einer Breite von 1,50 m und einer Länge von rd. 220 m, betragen
die aktuell berechneten Kosten rd. 20.000 Euro (rd. 16 % der Gesamtkosten). Bei
einer Verdoppelung der Weglänge, könnten 50% dieser Pauschale eingespart
werden.
Vor dem
Hintergrund der stetig steigenden Preise im Bauwesen sollte großer Wert darauf
gelegt werden, möglichst viele Maßnahmen mit ähnlichen Leistungspositionen zu
bündeln. Zum Vergleich war vor 10 Jahren die Herstellung des oben genannten
Weges noch um mindestens 50% kostengünstiger.
Ein stadt- und
gemeindeübergreifendes, inselweit gemeinsames Vorgehen in dieser Sachfrage ist
demnach geboten, weil:
-
die Insel Föhr
sich als Ganzes hin zu einer Art Modellregion für zukunftsfähigen Radverkehr
entwickeln kann;
-
alle potenziellen
Maßnahmen ineinandergreifen und daher gesamtinsular als ein Konzept betrachtet
werden können und voraussichtlich als solches auch die Förderfähigkeit erhöht
wird;
-
ein nach
Gemeinden getrenntes Vorgehen in der Summe mehr Zeit und finanzielle Ressourcen
bindet.
Die Zukunft der Insel Föhr und
des Lebensraumes Nordfriesland kann nur gemeinsam gesichert werden – gemeinsam
als Gemeindeverbund über das Amt Föhr-Amrum und gemeinsam mit anderen Akteuren
im Nationalpark Wattenmeer. Die Insel Pellworm und die Halligen haben sich
bereits das Ziel gesetzt, die wirtschaftlichen und touristischen Aktivitäten
klimaneutral auszurichten. Ein Klimaschutzkonzept soll den Weg dorthin nun
ebnen.
In Anbetracht der oben
genannten Ziele, Synergien und Fördermöglichkeiten wird empfohlen, zunächst ein
das Verkehr- und Mobilitätskonzept ergänzendes, ganzheitliches
Radverkehrskonzept inkl. Bestandsaufnahme und Bedarfsanalyse erstellen zu
lassen, aus dem sich dann förderfähige Maßnahmen ableiten und umsetzen lassen. (Es
wird darauf hingewiesen, dass das Radverkehrskonzept in Vorleistung erstellt
werden muss und erst nach Erhalt des Zuwendungsbescheides bezuschusst wird.)
Nachfolgende Schritte sind
notwendig:
1.
Das
Konzept stellt den ersten Schritt zur Vorbereitung und Planung aller weiteren Maßnahmen
und deren Bündelung dar. Dabei sollten folgende Themen behandelt werden:
- Bestandserfassung (Qualität, Sicherheit, Breite)
- Ermittlung fehlender Radverkehrsverbindungen und
Lückenschluss
- Priorisierung der Maßnahmen
- Erstellung Radverkehrsnetz mit Definition von
Mindeststandards für Hauptrouten, touristische Routen, etc.
- Aufnahme bestehender Begleitinfrastruktur,
Aussagen zu geeigneten neuen (touristischen) Rastplätzen, Abstellanlagen, etc.
- Erstellung eines Pflege- und Wartungskonzeptes
sowie Abstimmung von Verantwortlichkeiten
- Aufbau- und Begleitung durch eine fachbezogene
Projektgruppe aus Tiefbau, Ordnung/Verkehr, ADFC oder Rad.SH und Vertretern der
Kommunen
2.
Bündelung
der Maßnahmen, Prüfung auf Förderfähigkeit und Antragsstellung zur Aufnahme ins
Förderprogramm (für das Beispiel „Stadt & Land“ bis 31.12.2021)
3.
Maßnahmenbeginn
nach Eingang des Zuwendungsbescheides und Fertigstellung endsprechend der
Fristen des jeweiligen Förderprogramms
4. Kommunikationsmaßnahmen und -kampagnen begleiten die
investiven Maßnahmen, sensibilisieren Insulaner wie Gäste und schaffen ein
nachhaltiges Mobilitätsbewusstsein auf Föhr (eine erste Kampagne mit dem Namen
„Föhr radelt – Mit dem Rad zur Arbeit“ startet bereits zum 3. Juni
2021).
Es wird weiter
angeregt, den Aufgabenbereich des Mobilitätsmanagements für die Insel Föhr
personell im Amt Föhr-Amrum zu besetzen.
Die Zuständigkeit bezieht sich unter anderem auf die Betreuung und
Begleitung aller Mobilitätsmaßnahmen, dazu gehört insbesondere die Beantragung
von Fördergeldern. Die Bearbeitung sämtlicher der im Rahmen des Konzeptes
entwickelten Maßnahmen steht in enger Kooperation mit dem
Nachhaltigkeitsbeauftragten der Föhr Tourismus GmbH.
Abgrenzung zum Verkehrs- und
Mobilitätskonzept:
Das von der Stadt Wyk in
Auftrag gegebene Verkehrs- und Mobilitätskonzept Insel Föhr betrachtet
übergreifend alle bestehenden und zukünftig möglichen Verkehrsträger mit dem
Ziel, den Weg hin zu umweltfreundlicher und zukunftsfähiger Mobilität unter
Priorisierung des Umweltverbundes zu ebnen. Ein Radverkehrskonzept setzt
ergänzend den Fokus auf den Verkehrsträger Fahrrad und die Bestanderfassung,
-sanierung und -erweiterung des Radwegenetzes und die dafür erforderlichen
investiven Maßnahmen, um diesen eine Förderung im Rahmen von Landes-, Bundes-
oder EU-Förderprogrammen zu ermöglichen.