Beschlussempfehlung:
Es wird ein Grundsatzbeschluss zur Zielsetzung der weiteren städtebaulichen Entwicklung gefasst gemäß der nachfolgenden Ziffer 1 oder 2
1.
Die bisherige städtebaulichen Zielsetzung zur
Betonung der Dauerwohnnutzung und der Beschränkung der gewerbliche
Vermietungsnutzung wird beibehalten
a) in den Bebauungsplänen
b) in den Erhaltungssatzungen nach § 172 BauGB
2.
Die bisherige städtebauliche Zielsetzung zur
Betonung der Dauerwohnnutzung und der Beschränkung der gewerblichen
Ferienvermietungsnutzung wird aufgehoben.
a) in den Bebauungsplänen
alternativ
Die Betonung der Dauerwohnnutzung in der Innenstadt und in den intensiv
touristisch genutzten Bereichen vor allem in Strandnähe wird aufgehoben.
In den anderen Gebieten der Stadt wird in Abhängigkeit von der Prägung des
Gebiets eine Beschränkung der gewerblichen Vermietungsnutzung beibehalten.
b) in den Erhaltungssatzungen nach § 172 BauGB
alternativ
Der in den vorhandenen Satzungen verankerte Milieuschutz wird beibehalten,
um dem Gedanken des städtebaulichen Denkmalschutzes Rechnung zu tragen.
Sachdarstellung mit Begründung:
Vorbemerkung
Die planungsrechtlichen Regelungen zum Verhältnis
von Dauerwohnnutzung und gewerblicher Vermietungsnutzung in Form von
Ferienwohnungen und Fremdenzimmern in der Stadt Wyk auf Föhr sind im Verlauf
der Jahrzehnte nach den Vorgaben einer sich ändernden Gesetzgebung und der
entsprechenden Entwicklung der Rechtsprechung ständig weiterentwickelt worden.
Vor dem Hintergrund aktueller planungsrechtlicher
Fragestellungen sowohl in Bebauungsplänen als auch bei der Handhabung von
Erhaltungssatzungen stellt sich die Frage nach künftigen Lösungen für diese
Fragestellungen, die städtebaulich begründbar, politisch mehrheitsfähig und
zugleich vor Gericht haltbar sind.
Städtebauliche
Zielsetzungen
Es war bisher Ziel der städtebaulichen Entwicklung der Stadt Wyk auf Föhr ein Nebeneinander von Dauerwohnen und Ferienwohnen zu ermöglichen, wobei das Dauerwohnen das Ferienwohnen überwiegen sollte.
Damit sollte der historisch gewachsenen Kleinvermieterstruktur (einheimische Familie lebt in ihrem Wohnhaus und zugleich werden in einem Teilbereich des Hauses eine Ferienwohnung oder Fremdenzimmer an Feriengäste vermietet) Rechnung getragen und einer Überfremdung der Stadt entgegengewirkt werden. Bei einem Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung / Ferien-wohnung führte das zu einem Nutzungsverhältnis bei der Wohn- und Nutzfläche von in etwa 60 % Dauerwohnen und 40 % Ferienwohnen.
Zugleich sollte der Charakter einer Stadt mit einer gemischten Nutzungsstruktur und einem überwiegenden Anteil an Dauerwohnbevölkerung erkennbar bzw. erhalten bleiben. Den sogenannte Rolladensiedlungen außerhalb der Saisonzeiten galt es entgegenzuwirken.
Planungsrechtliche
Instrumente
Ausgehend von dieser Zielsetzung sind im Zeitablauf verschiedene planungsrechtliche Instrumente zur Steuerung der Stadtentwicklung geschaffen worden:
1. In zahlreichen Bebauungsplänen sind Festsetzungen getroffen worden, die eine Ferienvermietungsnutzung zwar in der Regel allgemein zulassen, jedoch deren Verhältnis zum Dauerwohnen im oben beschriebenen Sinne steuern. Die genannten begrenzenden Regelungen finden sich in fünfzehn Bebauungsplänen. In weiteren fünf Bebauungsplänen sind Beherbergungsnutzungen vollständig ausgeschlossen, um diese Bereich ausschließlich der Dauerwohnnutzung vorzubehalten (z. B. B-Plan 39 Rotdornweg, Weißdornweg) oder aber Fehlnutz7ungen vorzubeugenm, die nicht zum Gebietscharakter passen (Gewerbegebiete).
2. Bei Erlass der Erhaltungssatzungen, zuerst nach § 39h Bundesbaugesetz (BBauG), später § 172 Baugesetzbuch (BauGB), für 16 Satzungsgebiete ist der oben genannten städtebaulichen Zielsetzung folgend nicht nur auf die Bewahrung eines bestimmten historischen Ortsbildes abgestellt worden, sondern zugleich auch auf die „Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung“ (Milieuschutz) und damit den Schutz der Dauerwohnnutzung.
3. Mit dem Erlass der Satzungen zur Sicherung von Gebieten mit Fremdenverkehrs-funktionen nach § 22 BauGB für 12 Satzungsgebiete ist als weiteres planungsrechtliches Instrument ein Genehmigungsvorbehalt für die Bildung von Wohnungseigentum eingeführt worden, um damit die vorhandenen Fremdenverkehrsfunktionen zu sichern und zugleich einem Wandel von Wohneinheiten zu Zweitwohnungen entgegenzuwirken.
Alle diese Regelungen des Planungsrechtes gelten allgemein für alle Liegenschaften innerhalb der jeweiligen Satzungsgebiete unabhängig davon, ob sie sich im Eigentum einheimischer oder auswärtiger Personen befinden.
Auswirkungen
Die oben genannten Regelungen in Bebauungsplänen wirken sich in unterschiedlicher Hinsicht aus u. a. auf die Ertragswerte von Immobilien und damit auf die Bodenpreisentwicklung. Durch die Umnutzung eines Wohnhauses mit Dauerwohnnutzung (durch Eigentümer und/oder Dauermieter) zu einem reinen Ferienhaus erhöhen sich die möglichen Jahresmieteinnahmen für das Gebäude erheblich. Der Ertragswert steigt und damit zugleich der Bodenpreis.
Der Milieuschutz in den Erhaltungssatzungen steht der vollständiger Umnutzung solcher Immobilien zu Vermietungsobjekten entgegen und erschwert deren Vermarktung insbesondere bei Eintragung einer Dauerwohnung im Baulastenverzeichnis.
Die Unmöglichkeit eines eigenen Wohnungsgrundbuchblattes (durch § 22 BauGB) kann die Vermarktung von Eigentumswohnungen erschweren und zugleich zu geringeren Marktwerten solcher Immobilien führen.
Ergebnisse
Im Ergebnis haben die oben
beschriebenen Regelungen eine begrenzende bzw. verlang-samende Wirkung
entfaltet sowohl was die Preisentwicklung bei Immobilien und Bodenwerten als
auch was die Geschwindigkeit der Überfremdung und Entleerung der
Innenstadtbereiche oder mancher Stadtviertel (Südstrand) anbelangt.
Gleichwohl sind die ursprünglich angestrebten städtebaulichen Zielsetzungen nur bedingt erreicht worden, insbesondere durch das Fehlen wirksamer Kontroll- und Eingreifmechanismen bei Fehlnutzungen von Dauerwohnungen und durch die Bildung von Bruchteilseigentums-gemeinschaften, die trotz der Satzungen nach § 22 BauGB eine Eigentumsbildung auf anderer rechtlicher Grundlage ermöglichen.
Offen bleibt, wie die städtebauliche Entwicklung der letzten drei Jahrzehnte und die Entwicklung der Immobilien und Bodenpreise auf Föhr verlaufen wäre, ohne die steuernde, begrenzende und Preis dämpfende Wirkung der oben beschriebenen planungsrechtlichen Instrumente. Insbesondere spielen in diesem Zusammenhang auch gesamtwirtschaftliche Einflussfaktoren (Wirtschaftkrisen, demografische Entwicklung, „Flucht in die Sachwerte“ – Denkweise usw.) eine Rolle.
Gleichwohl bleibt festzuhalten, dass bisher das Ausmaß der touristischen und städtebaulichen Fehlentwicklungen, wie es auf der Insel Sylt festzustellen ist, auf Föhr noch nicht erreicht ist. Möglicherweise dürfte dies ein Grund mit dafür sein, dass das „noch intakte“ Föhr heute so nachgefragt ist, sowohl bei Feriengästen als auch bei Immobilieninteressenten.
Ausblick
Zur Zeit ist durch die starke Nachfrage nach Immobilien ein zunehmender Kapital- und Verwertungsdruck auf dem Immobilienmarkt und die Preise für Wohnraum und Grundstücke feststellbar, was zu einem deutlichen Anstieg der Miet- und Bodenpreise führt sowie einer sehr ausgeprägten Bautätigkeit. Der bereits in der Vergangenheit schon begrenzte Wohnungsmarkt für Mietwohnungen stellt sich inzwischen weiter eingeschränkt dar. Da viele Wohnung suchende Menschen keinen angemessenen bzw. bezahlbarer Wohnraum auf Föhr finden, wächst auch die Zahl der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die zwischen dem Festland und der Insel pendeln.
Eine Änderung der planungsrechtlichen Regelungen dahingehend, dass die begrenzende Wirkung der oben beschriebenen planungsrechtlichen Instrumente aufgegeben oder vermindert wird (zugunsten einer Erhöhung der Möglichkeiten zur gewerblichen Ferienvermietungs-nutzung), wird vermutlich eine Beschleunigung dieser Entwicklung zur Folge haben und die touristischen und städtebaulichen Fehlentwicklungen auf Föhr ähnlich denen auf der Insel Sylt verstärken.
Weitere Vorgehensweise
Vor dem oben beschriebenen Hintergrund ist zu entscheiden, ob die bisherige Zielrichtung für die städtebaulichen Entwicklung beibehalten oder eine Neufestlegung der städtebaulichen Zielsetzungen erfolgen soll.
1.
Beibehaltung der bisherigen städtebaulichen
Zielsetzung
a) in den Bebauungsplänen
Zum Schutz der Dauerwohnnutzung bleibt es bei der Beschränkung der gewerblichen
Vermietungsnutzung in den vorhandenen Bebauungsplänen:
Bei künftigen Bebauungsplänen werden Sondergebiete für „Wohnen und
Touristenbeherbergung“ ausgewiesen bei gleichzeitiger Begrenzung der
gewerblichen Vermietungsnutzung nach Maßgabe des genehmigten Bestandes. Wird
eine Beschränkung der Beherbergungsnutzung festgesetzt, z. B. 40 %, wird bei
Bestandsbebauungsplänen eine Festsetzung vorgesehen, wonach in Einzelfällen,
die als genehmigter Bestand über die geplante künftige Zielsetzung hinausgehen,
dieser genehmigte Bestand als zulässig angesehen wird
(sinngemäß: „Gewerbliche Ferienvermietungsnutzungen, die mehr als 40 % der
verwirklichten Wohn- und Nutzflächen einnehmen, sind zulässig, sofern sie zum
Zeitpunkt der Satzungsgebiet genehmigt sind“).
b) in den Erhaltungssatzungen nach § 172 BauGB
Der in den vorhandenen Satzungen verankerte Milieuschutz wird beibehalten.
Bei der Neuaufstellung von Erhaltungssatzungen wird der Milieuschutz nach
Maßgabe des genehmigten Bestandes berücksichtigt.
2.
Änderung der bisherigen städtebaulichen
Zielsetzung
a) in den Bebauungsplänen
Die Betonung der Dauerwohnnutzung und die Beschränkung der gewerblichen
Ferienvermietungsnutzung in den bestehenden Bebauungsplänen wird aufgehoben.
Bei künftigen Bebauungsplänen werden keine Beschränkungen für die gewerbliche
Vermietungsnutzung festgesetzt.
alternativ
Die Betonung der Dauerwohnnutzung in der Innenstadt und in den intensiv
touristisch genutzten Bereichen vor allem in Strandnähe wird aufgehoben.
In den anderen Gebieten der Stadt wird in Abhängigkeit von der Prägung des
Gebiets eine Beschränkung der gewerblichen Vermietungsnutzung beibehalten.
b) in den Erhaltungssatzungen nach § 172 BauGB
Der in den vorhandenen Satzungen verankerte Milieuschutz wird aufgehoben.
Bei der Neuaufstellung von Erhaltungssatzungen wird der Milieuschutz nicht mehr
berücksichtigt.
alternativ
Der in den vorhandenen Satzungen verankerte Milieuschutz wird beibehalten,
um dem Gedanken des städtebaulichen Denkmalschutzes Rechnung zu tragen.